Diese Halbkugel in Buchholz kann bis zu 300 Grad heiß werden. Neben Fleisch sollen darin auch Brot, Brötchen und Kuchen gelingen und zu den Menschen der Region gebracht werden. Außen bunt und rund, innen glühend heiß. Mit seinem Lehmofen und seiner Idee will ein junger Unternehmer aus Buchholz bei Röbel vor allem bei älteren Menschen auf dem Land punkten.
Gastwirt aus der Seenplatte will Landbevölkerung Brot und Kuchen bringen
Viktor und seine Freundin Yuliia wollen den Laden rocken – von Buchholz aus sollen vor allem zu Älteren und hilfsbedürftigen Menschen Lebensmittel ausgefahren werden. (Foto: Carina Göls)
Carina Göls
Nordkurier
Die Gerichte-Küche lodert. Nein, mit Gerüchten hat dieser Beitrag nichts zu tun. Das ist alles Recherche am echten Lehmofen. Und an was für einem! Viktor Nagrelle hat sich mit dem guten Stück unterm „Storchennest“ in Buchholz bei Röbel längst eingefuchst. Er möchte, wie er sagt, etwas für Menschen in der Region, in den Dörfern tun, die eben nicht so jung und mobil sind. Denen der Bus nicht jeden Tag vor die Tür fährt, deren Kinder weit weg leben. Vielleicht ist es auch eine Emotion, die er kennt, denn der Mann ist auch weit fortgegangen von seiner Familie – von Kasachstan. An der Müritz gelang ein Neuanfang.
„Immer weniger Bäckerwagen in den Dörfern“
„Immer mehr Bäcker haben aufgehört, in die kleinen Gemeinden zu fahren, um die Leute mit Kuchen und Brot zu beliefern. Es lohnt sich nicht mehr, oder die Bäcker selbst haben ihre Pforten abgeschlossen. Es wird alles teurer, es muss sich alles rechnen“, so der Buchholzer.
Neben dem Restaurant in diese Nische zu springen und quasi etwas gegen die noch nicht so perfekte Infrastruktur und vielleicht auch besondere ländliche Einkaufs-Kultur zu tun, das sei ihm Antrieb gewesen. Im Prinzip könne man ab sofort bei ihm vor allem Brot bestellen, Brötchen und Kuchen natürlich auch. Dazu braucht es eine Liste, die man einmal ausfüllt.
Brote nach eigenen Rezepten
Doch nicht alles, was dann auf dem Tisch landet, kommt aus dem großen besonderen bemalten Ofen, den der junge Mann von seinem Vorgänger übernommen hat. Darin werden Brote um die 700 Gramm bis maximal ein Kilo nach eigenen unterschiedlichen Rezepten gebacken und auch auf Anfrage verkauft, denn für ein Brot lohne es sich ja nicht, denn Ofen mit Holz zu befeuern.
Man kann Fleisch in den Ofen legen, und vor allen Dingen schwärmt Victor vom Hähnchen. Der Ofen würde letztlich 200-300 Grad erreichen, und es würde nicht lange brauchen, bis das Geflügel lecker und knusprig gewürzt auf dem Tisch steht. Doch es sei alles erst am Anfang. Vieles müsste man probieren, wüsste nicht, wie es von den Leuten angenommen wird.
Mindestbestellwert muss sein
Bei einem Mindestbestellwert von aktuell 15 Euro für seinen Brot- Kundendienst habe er sich selbstverständlich überlegt, dass das niemand für sich allein in Anspruch nimmt, und dass so eine Fahrt bis maximal 20 Kilometer in die Dörfer der Region dann so eine Art Bestellgemeinschaft erfordere.
„Also eine Dame oder ein Herr bestellen sich entsprechend Brötchen oder Kuchen und gleich für die Nachbarschaft mit. Ganz schnell ist man so bei dem Mindestbestellwert – und dann fahren wir ins Dorf und liefern alles aus. Es ist auch kein Problem, wenn jemand sich auch noch Milch, Butter und Zucker wünscht – es soll so eine Art Lieferservice sein“, beschreibt Viktor Nagrelle.
Auch Zeit für einen Plausch
Ein rollendes Restaurant ist es natürlich nicht, aber ein Stück Hoffnung vielleicht für jene, die auch mal ein anderes Gesicht sehen wollen und auch einen anderen Geschmack erleben. Die Brote, so sagt er, würden sich durchaus ein paar Tage halten. Und das, was die Leute vielleicht zu bereden haben und was ein paar Minuten länger dauert, ist selbstverständlich inklusive. „Die Zeiten sind so hektisch geworden und wir lassen so viele Leute zurück darin, weil wir uns den ganzen Tag um uns kümmern müssen, damit alles am Laufen ist. Aber es gibt auch diejenigen, die allein sind, die ihren Partner verloren haben, die auf dem Lande leben, die aber auch Kontakte möchten und brauchen. Da ist es nicht einfach, wenn man kein Auto mehr hat oder niemanden, der einen fährt oder einfach mal über Gott und die Welt reden kann.“
Lebendigkeit auch über den Winter bringen
Für den Inhaber des Restaurants „Storchennest“ in Buchholz hat sich das eigene Leben seit knapp einem Jahr verändert, da er die Gaststätte übernommen hat. Nun gab es im Sommer schon viele Veranstaltungen, es hängen Bilder an den Wänden zum Verkauf. Es gibt ein Catering-Service, man kann dort feiern – Platz sei genug, sagt Nagrelle.
Aber im Winter in einer Region wie dieser Lebendigkeit zu bringen, das würde seine Herausforderung sein, denn schließen wolle und werde er den Laden gerade in der dunklen Jahreszeit nicht: „Man kann doch so viel gemeinsam machen, und das muss ja nicht immer zu Hause sein. Die Feiern, die Begegnungen, die Familientreffen mal unter einem anderen Dach und in wohliger Wärme dieses besonderen Ofens. Das, habe ich mir so überlegt, das könnte reizvoll sein.“
„Elli“ ist für Gäste aus Bayern eine Errungenschaft
Lob habe es neulich übrigens ausgerechnet von einem Urlauber aus Bayern gegeben. Elli, der Bus für den nachbarschaftlichen Raum, der auch in der Region fährt, sei Inspiration für den Bajuwaren gewesen, denn das gebe es dort noch nicht. Ein Kleinbus, der die Leute abholt und zum Arzt fährt und hier und dorthin, das sei auf dem Lande eine große Errungenschaft.
Wenn jetzt noch das gute alte Brot wieder auf die Tische der Region kommt und sein Ofen damit im Winter nicht nur schön aussieht, sondern auch seine Daseinsberechtigung hat, dann wären Viktor und seine Lebensgefährtin Yuliia ein Stück mehr angekommen in der neuen Heimat.