Dritter Theil.

Wir wollen unter uns Niemand hindern an Gutes thun. Wir wollen aber einen jeden, so viel uns möglich ist, wider Verletzung seiner Person, seiner Ehre, seiner Güter und seiner Rechte versichern. Es sollen unter uns keine grobe Laster und Aergernisse, wodurch Unsegen und Verachtung kommt, geduldet werden. Ein ruhiges und stilles Leben in Gottseligkeit und Ehrbarkeit wollen wir führen. Dazu ist folgende Ordnung nöthig.

1.) Wir wollen für unsere Personen, wie sich gebühret, unsere Verordneten, Gerichts-Halter, Prediger und Schullehrer in Ehren halten und in allen, was sie nach Rechte, Gottes Wert, Vernunft und Billigkeit befehlen, ordnen, rathen, ihnen gerne folgen, auch nicht gestatten, dass jemand der Unsrigen, oder derer, die unter uns wohnen, ihnen eunehrerbietig sich widersetze. Wer Grobheit und Trotz in Worten und Werken ihnen beweiset, wird nach Befinden bestraft, bekommt einen öffentlichen Verweis und soll der Person, der er unschicklich begegnet hat, Abbitte thun.

2.) Ein jeder Hausvater soll sich von seinen Kindern und Gesindex ehren lassen; auch sollen ihn seine Miethsleute ehren. Wenn er zu schwach ist, sich gegen Unsitte zu behaupten, so soll die Gemeine ihm helfen den Trotzigen demüthigen. Ein Kind, das seine Eltern mit groben Scheltworten Kränkung macht oder sich gar im äussersten Undanke zhätlich sich versündiget, sich wehret, wenn es gezüchtiget werden soll, Vater oder Mutter schläögt, wirft stösset, das soll, wenn auch die Eltern nicht klagen, vor Gericht gefordert, und wenn es solcher erzählten Unthaten schuldig gefunden wird, unabbittlich von einem Schließer gepeitschet und fühlbar gezüchtiget werden. Das soll geschehen, damit es uns wohl gehe. Ein frecher Dienstbote, der untreu, grob und unbändig sich gegen seine Herrschaft aufführet, wird, wenn er verklagt und schuldig erkannt worden, nach den Rechten gestraft werden.

3.) Damit aber Eltern und Herren an der gräuligen Aufführung ihrer Kinder und Gesindes nicht selbst Schuld werden, so versprechen wir uns unter einander, daß wir besonders unsern Kindern neben den leiblichen Wohlthaten, die wir ihnen erzeigen müssen, frühen und genugsamen Unterricht und Anführung zu guten Sitten geben und geben lassen wollen. Auch wollen wir darüber halten, daß die Unsrigen die Kirche fleißig besuchen und bei den Catechismus-Lehren nicht fehlen sollen. Wer das versäumt, den sollen die Verordneten erinnern. Wer seine Kinder, ohne sie zur Schule zu schicken und ohne christliche Erziehung, wild aufwachsen lässet, der soll angehalten werden, das Schulgeld dem Schullehrer doppelt zu bezahlen.

4.) Damit sich die unter uns wohnenden armen Wittwen mit ihrer Armut nicht entschuldigen können, so wollen wir, daß notorisch armer Leute Kinder, auf gemeine Kosten, sollen zur Schule gehalten werden. Doch müssen solche, die diese Wohlthat genießen wollen, sich bei den Verordneten melden. Wenn die es für gut finden, soll dem Schullehrer ein schriftlicher Schein und Versicherung darüber gegeben werden, daß er das Schulgeld für solche arme Kinder aus der gemeinen Casse erhalten soll.

5.) Will jemand demungeachtet seine Kinder zu wilden Taugenichtsen aufwachsen lassen, der soll das Dorf zu räumen angehalten werden.

6.) Wir wollen dafür sorgen, daß unsere Schule jedesmal mit einem tüchtigen Subjecte bestzet sein möge. Da wir ihn auch und künftig den Schullehrer zum Gerichts-Schreiber brauchen müssen, so wollen wir diese Person, wegen doppelten Nutzens, den sie der Gemeine schaffet, ehrenwerth halten, ihn redlich und so besolden, daß er sein Amt nicht mit Seufzen zu treiben habe. Uebrigens soll es mit Bestzung der Schule so gehalten werden, als es die Verordnung des Landes vorschreibt.

7.) Die Aufsicht über die Schule sollen unsere jedesmaligen Prediger haben. Aber unsere Verordneten sollen auch mit dem Prediger zugleich die Schule besuchen, sich erkundigen, wie die Kinder unterrichtet werden, und an Erkenntniß und Sitten sich zunehmen, auch des Schullehrers Klagen oder Vorschläge anhören und unter uns das Schulwesen in guten Stand zu setzen und zu erhalten beflissen sein.

8.) Unser Gericht soll nicht zum Scheine besetzt werden. Darum soll Niemand sein eigner Richter sein. Jede Person soll gegen frevelhafte Verletzungen und Mißhandlungen gesichert sein. Wenn Streitigkeiten entstehen, soll Niemand den Andern durch Scheltworte und injultationen herausfordern oder sich unterstehen, zu schlagen, sich zu rächen, oder sich zu seinem vermeinten Rechte zu helfen. Niemand soll streitige Sachen gewaltsam an sich reißen. Denn das ist ein Eingriff in unser Gericht, und soll nach Verdienst gestraft werden. Hat jemand eine Person hart verletzet, so soll er auf seine Kosten als ein inquijitus behandelt werden.

9.) Alle Schlägereien, Schelten und Anfallen auf öffentlichen Straßen straft unser Gericht, wenn kein Kläger da ist. Denn wir haben auch Straßen-Gerechtigkeit.

10.) Wir wollen keine Leute haben, die Hader anrichten, unerweislich den Nächsten beschuldigen und ehrenrührige Unthaten auf ihn zu bringen suchen.

11.) Wer die unsinnigen und abergläubischen Künste des Sieblaufens und anderer Possen, einen Dieb oder Thäter aus zu machen, brauchen würde, soll an einem Kirchtage mit seinem Siebe und anderen gebrauchten Dinges an Pranger gestellt werden, damit Alle, die zur Kirche gehen, und herauskommen ihn sehen mögen.

12.) Weil wir alle in Gefahr stehen, Leben und Gut zu verlieren, wenn mit dem Feuer ruhlos umgegangen wird, so sollen alle Feuer-Stätten besichtigt werden, ob sie so beschaffen sind, daß ohne besorgliche Gefahr Feuer darauf gehalten werden kann. Wo eine Feuerstätte gefährlich gefunden wird, sollen die Verordneten fordern, daß sie in der Zeit von höchstens 14 Tagen gebessert werde. Wo das nicht geachtet werden sollte, sollen die Verordneten aus der Gemeine Männer fordern, welche die gefährliche Stelle einschlagen, und der Hauswirth soll 1 Thr. Strafe erlegen.

13.) Ordentlich sollen die Verordneten um Michaelis und Ostern die Feuerstätte besichtigen; wer alsdann nicht gefegt hat und ruchlos mit dem Feuer um zu gehen überführet wird, der erlegt für jeden Fall 8 Schl. Strafe.

14.) Gemeiner Sicherheit halber ist ein jeder befugt, auf seinen Nachbar zu achten, wie Er und die Seinigen mit dem Feuer handeln. Wer es merkt, daß hier oder dort ruchlos mit Feuer verfahren wird, der warnet den Nachbar freundlich, und wo jemand daran sich nicht kehret, soll er den Verordneten angezeigt werden, welche ihm seine Unachtsamkeit verweisen und nach Befinden Strafe ankündigen und bei künftigen Uebertretungs-Fällen sie beitreiben sollen.

15.) Es sollen auch unsere Verordneten alle nöthige Anstalten hiedurch zu machen angewiesen sein, daß bei Feuersbrünsten, die Gott in Gnaden von unserm Dorfe abwenden wolle, es an Leiters, Haken und was mehr dazu gehöret ein Vorrath vorhanden und gleich zu finden sei. Die Materialien haben wir auf unserm Felde, und die dazu gehörige Arbeit soll die Gemeine verrichten.

16.) Da wir auch ohnehin Gewissens wegen verbunden sind, allen Landesherrlichen, heilsamen Verordnungen zu gehorchen, und unsere Verordneten schon im ersten Theil angewiesen sind, über Landesherrliche Verordnungen zu halten, so lieb es ihnen ist fisecalische Strafen zu vermeiden: So wollen wir nicht verstatten, daß jemand auf dem Hofe, in Scheunen, Ställen, Futterkammern, Heu- und anderen Böden, worauf Flachs und andere brennbare Sachen verwahret werden, Taback rauche; oder mit brennender Pfeife surchs Dorf gehe, reite, fahre. Jeder soll diese Verordnung ernstlich den Seinigen einschärfen. Denn ein Hausvater steht für seine Kinder und Gesinde ein. Wer gefunden wird, wird nach Herzogl. Edict gestraft. Die Verordneten, der Holzwärter und Pfänder sollen darauf achten.

17.) Es soll auch bei den Hochzeiten und Gelagen der Herzogl. Verboth mit Feuer-Gewehr im Dorf und bei Zimmern zu schießen in seiner Gültigkeit bleiben. Ein jeder, der da widerhandelt, er sei ein Fremder oder Einheimischer, muß die Edictmäßige Strafe erlegen.

18.) Niemand soll an der Nützung des Seinigen behindert werden. Darum soll ein jeder die Zäune und Befriedigungen, welche er zu machen hat, stets in gutem Stande erhalten. Wer darüber angesprochen wird und doch nicht bessert, den soll man bei dem Gerichte verklagen. Es soll ihn fordern und durch den Gerichts-Schreiber andeuten, daß er in einer zu bestimmenden Frist das fehlende herstelle. Im Ungehorsam-Falle, soll er den Nachbar schadlos halten und nach Befinden um 8 Schl. bis zum Thaler gestraft werden.

19.) Sein Vieh soll Niemand hirtenlos und ohne Aufsicht gehen lassen. Es sollen keine Schweine oder Gänse auf der Straße sich da zu weiden gelitten, noch sollen bei nächtlicher Zeit Schweine herumgehen, denn das gehet niemls ohne Schaden und Verdruß ab. Solange stehendes Korn im Felde ist nicht nur, sondern sobald auch die Saat bestellt und grün ist, soll Niemand sein Vieh ohne Hirten austreiben. Der Pfänder soll es wegnehmen, wo er es hirtenlos findet, und das erstemal 1 Schl. wo aber das ferner gefunden wird, 2 Schl. und mehr sich geben lassen.

20.) Vieh, das unversehens auf einen Hof, dahin es nicht gehöret, kommt, soll nicht hart gehatzet oder geschlagen werden. Wenn es verletzet würde, soll der Thäter den Werth erlegen, den es hatte ehe es verletzet würde, und den Hl. sesselben schadlos halten.

21.) Aller Schade der von Vieh verursachet wird, erstattet der Herr desselben, nach gewissenhafter Taxation der Verordneten.22.) Wer des Nachbarn Grenze engert, seinen Acker oder Wiesen schälert, wird verklagt. Die Verordneten besichtigen es an Ort und Stelle und nüthigen den bösen Nachbarn, das mit Unrecht an sich gerissene wieder fahren zu lassen. Für jeden halben Fuß oder Furche giebt derselbe unabbittlich 1 Thr. Strafe.

23.) Grenz-Zäune, Grenzpfähle, Grenz-Graben, Grenz-Steine muß niemand ohne Beisein der Nachbarn setzen oder ziehen; klagt der Nachbar, daß ihm zu nahe getreten sei, so befehlen die Verordneten, daß Alles weggenommen werden soll, oder es geschieht durch Personen aus der Gemeine, die alles mit Gewalt wegräumen, doch muß der Zaun gleich wieder, aber nicht auf der streitigen Stelle, hingesetzt werden bei willkürlicher Strafe.

24.) Was zum gemeinen Besten zu geben und zu machen ist, dazu mß auch ein jeder, wenn er insonderheit nicht dabei gewinnet, geben und helfen. Ueber Gebühr aber muß Niemand beschweret werden. Z.E. Wenn Einer allein eine Trift halten soll, so muß ihm das Dorf dafür, daß er seinen Acker nicht nutzen kann, eine billige Schadlosmachung geben.25.) Niemand soll im Felde über eines Andern bestellten Acker treiben oder vielweniger mit Haken, Wagen und Pferden fahren bei Strafe von 8 Schl. auf jeden Fall. Muss er es thun, um Mist nach seinem Acker zu bringen, so soll er auf bescheidene Art dem Herrn der Stücke darum ansprechen und ihm den etwaigen Schaden vergüten.

26.) Ueber unsere Saat-Zeiten wollen wir uns freundschaftlich besprechen und, soviel möglich zugleich zusäen. Doch kann Niemand gezwungen werden, die abgeredete Saatzeit genau zu beobachten. Es kann ein jeder nach seiner hauswirthlichen Einsicht und Bequemlichkeit seinen Acker später besäen. Wenn auch in der Ernte ein oder das andere Stück später reifen würde, soll es darum nicht preisgegeben werden, Auch in der Ernte soll zwar der Tag zur Roggen-Ernte von den Verordneten bestimmt werden. Aber doch ist kein Verbot zu machen, daß nicht jemand, etwa um Korn-Mangel gedrungen befugt sein sollte, einen Scheffel-Aussaat früher abzumähen. Auch mag in der Roggen- und Sommer-Ernte ein jeder soviel Mäher nehmen, als er aufbringen kann. Nur muß kein Haupt-Vieh früher auf die Stoppel getrieben werden, als die letzte Garbe aus dem Schlage eingebracht worden ist. Wer eher die Stoppel betreibt, giebt für jedes Stück 8 Schl. Strafe, und das so oft, als er gefunden wird. der Pfänder soll darauf genau sehen, sobald er ein Haupt gefunden, muß er es dem Gerichts-Schreiber und dem, dessen Vieh gepfändet ist, anzeigen.

27.) Niemand soll über die Scheid-Furche wegmähen und dadurch erwas zur Ungebühr gierig zu sich nehmen. Auch soll Niemand durch des Nachbars stehendes Korn gehen. Wer es wohl nicht ändern kann, muß ein Schwad durchmähen, es ordentlich hinlegen und nichts zertreten. Ist das Korn zu unreif, muß er umgehen. Wer es anders hält, muß für jeden Durchgang 4 Schl. Strafe erlegen und den Schaden ersetzen, die Verordneten müßen darauf sehen und sehen laßen. Diese Ordnung muß jedem, der auf dem Felde arbeitet, von den Hauswirthen gesagt werden. Denn jeder stehet für seine Arbeiter ein.

28.) Niemand soll das gemeine Gut, als sein privative eignes nutzen. Wer aus commüner Holzung Etwas velangt, der muß bei den Verordneten ansuchen und es sich anweisen lassen. Die sollen es durch den Gerichts-Schreiber notiren lassen, was ihm verkauft oder geschenkt worden und darüber ordentliche Rechnungen führen. Will jemand eigenmächtig sich zudrängen, der wird als ein Holzdieb behandelt, wenn er ertappt wird, bezahlt er der Gemeine den Werth des unbefugt abgehauenen Holzes und dem Gerichte giebt er eben so viele Strafe als das Holz taxieret ist. So soll es auch nit dem Torf gehalten werden. Den sollen die Verordneten stechen lassen und für billigen Preis verkaufen.

29.) Wenn jemand zur Hochzeit oder an Fest- und Feier-Tagen Holz stiehlet, der bezahlt das Holz und die Strafe doppelt.

30.) Die Tannen-Kämpe, die ein jeder auf seinen Acker-Stücken angeleget hat, mag er auch nach Belieben nutzen. Niemand muß aber dem Andern etwas abhauen und entwenden. Wer darüber betroffen, oder es gethan zu haben überführet wird, der bezahlt für eine große Tanne nach dem Werth, für einen Bohlstamm 8 Schl. für einen Lattstamm 6 Schl. für einen Hopfenstangen 5 Schl. für einen Bohnstock 1 Schl. An das Gericht bezahlt er das Gerichts-Gebühr, und etwa soviel Strafe, als er dem Eigentümer für das abgehauene Holz hat geben müssen. Weme dieser theure Preis nicht anstehet, der lasse einem jeden das Seine.

31.) Wer von den Einliegern Zäune verdirbt, und das Holz davon raubt, de bezahlt dem Eigner des Zaunes für jedesmal 4 Schl. und giebt ihm das Holz wieder. Wird er aber als ein Räuber und oft ertappet, so wird er mit dem gestohlenen Holze an den Pranger gestellet. Die Strafe kann er nur mit Bezahlung der Gerichts-Kosten und Erlegung 1 Thr. abkaufen.

32.) Niemand soll der Nachbarn Wiesen, auch nicht die Freiheiten, wenn sie auf Befehl der Verordneten ausgestochen werden, ausschneiden oder aushüten. Ausdrücklich wird auch das Aushüten der Piätenhorst, weil es eine Cossaten-Wiese ist, verboten. Wer dagegen handelt, giebt 4 Schl. Strafe und muß den verübten Schaden dem Eigner erstatten.

33.) Es soll nicht alles Feld geackert und besäet werden, damit dem Vieh die nöthige Weide nicht fehle. Die Verordneten sollen darauf sehen, daß Maaß gehalten werde. Dabei doll auch eine Gleichheit beobachtet werden, damit nicht einer dem Andern die Weide vorhalten müsse. Wer weiter ackert und säet, als ihm erlaubt worden, dem wird es auf Befehl der Verordneten abgehütet.

34.) Jedermann, der Vieh hält, muß redlich die Anzahl seines Viehes angeben, und auf der Lohnstelle zur bestimmten Zeit sich einfinden. Wer unrichtig angiebt, muß für jedes Stück Vieh, es sei klein oder gross doppelt, zur Strafe, bezahlen. Und wer auf der Lohnstelle fehlt, ohne einen andern für sich zu bestellen, der auch für ihn berichten soll, der giebt 2 Schl. Strafe.

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